Freitag, 2. November 2012

Kultur und kulturelle Differenzen

Hallo Freunde der Sonne,

Lesedi Cultural Village
am darauffolgenden Mittwoch (10.10.) hat uns David überraschend besucht. Tatsächlich stand er auf einmal vor der vergitterten Tür mit einem Security-Mann im Schlepptau. Ich saß (wie wirklich super oft, ich mag mein Zimmer nicht ganz so doll, wo ich die Wand anstarre, wenn ich an meinem Schreibtisch sitze, stattdessen sitze ich lieber...) am Esstisch in der offenen Küche. David: Oh, das ist sie, das ist sie! und deutete auf mich. Als ich David dann auch erkannte (erst total verwirrt), ist der Security-Mann dann wieder gegangen.
David war total niedlich. Er meinte, alle seine Nummern sind von seinem Handy gelöscht wurden, deswegen konnte er uns nicht kontaktieren, wegen des Autos. Stattdessen hat er auf unseren Anruf gewartet und ist ab und zu mal am Grundstück langgefahren um zu gucken, ob das Auto da noch steht. Und dann meinte er, ok, ok, hier sitzen bringt uns nicht weiter, wir müssen uns das Auto ankucken. Dann habe ich ihm den Teil des Motors gezeigt, der abgebrochen war und den ich aufheben werde. Er meinte: ok, dann müssen wir uns das Auto jetzt nicht mehr ankucken, Let's talk. Und dann meinte er, dass er uns einen neuen Motor für 8000 Rand besorgen kann, nicht 1600.
Am Ende haben wir das nicht gemacht. Aber das war dann der Zeitpunkt, wo ich persönlich tatsächlich mit der ganzen Sache Auto endlich wieder im Reinen war, weil ich wenigstens den Eindruck hatte, dass es noch eine andere Möglichkeit gibt, als zu verkaufen. Vorher hatte ich mich mit dem Rücken zur Wand gefühlt, und als ob ich uns in die Lage gebracht habe, dann hatten wir eine weitere Option und konnten eigenständig entscheiden, was wir machen wollten. Seitdem (bis zum heutigen Zeitpunkt) sucht David nach irgendeiner Lösung, an wen und wie wir das Auto verkaufen. Mal sehen.

Zulu Kleidung (links und Mitte); Unser Guide (rechts)
Freitag Nacht wurde ich dann geplättet, wie schon lange nicht mehr. Yui hatte mir für uns (Snow, Xin Rong und ich) Kekse (und Chips, aber die spielen keine Rolle) für unseren Ausflug zum Krüger Park gegeben. Irgendwie haben wir die Kekse (gekauft) nicht gegessen, und deshalb hatte ich an diesem Freitag die Idee, die Kekse einfach dem Haus zu geben, sprich: Auf den Tisch gestellt, dass sich jeder der leckeren Kekse bedienen darf. Das gab dann Ärger. Yui hatte jedem von uns einen Brief geschrieben, dass sie das doof findet, dass sie die Kekse im Haus gesehen hat, dass es ihr Leid tut, wenn sie die falschen gekauft hat und dass sie sehr wütend ist. Also habe ich zurück geschrieben, dass mir das Leid tut, dass sie das traurig und wütend gemacht hat, und dass das nicht meine Absicht war. Dann hat Yui zurück geschrieben, dass sie reden möchte und den Zettel habe ich dann erst nachts gefunden, weil ich vorher bei Xin Rong im Zimmer war. Also habe ich Yui im Flur getroffen und dann ging's los: "Warum habt ihr die Kekse nicht gegessen? Die Kekse waren für euch, nicht für das ganze Haus! Ich habe dir die Kekse gegeben und du hast die Bedeutung der Kekse trotzdem nicht verstanden, das ist wirklich traurig! Du musst dich auch mal in andere Kulturen hineinversetzten! Wir leben hier zu acht und alle kommen aus anderen Ländern, da kannst du nicht nur innerhalb deiner Kultur denken! Warum hast du mir einen Zettel geschrieben? Du musst über sowas reden! Ich bin so enttäuscht!"
Wo die Tänze waren - man beachte Band
Meine Güte. Also vielleicht bin das nur ich, aber ich hatte ernsthafte Probleme, das nachzuvollziehen. Vielleicht, wenn sie die Kekse selbst gebacken hätte, hätte ich das verstanden (das habe ich ihr dann auch gesagt, daraufhin meinte sie: tut mir Leid, dass ich die Kekse nicht selbst gebacken habe). Und dass sie wollte, dass wir eine gute Reise haben und das für uns gesorgt ist, habe ich auch verstanden! Ich war ja auch dankbar für die Kekse, das hatte ich ihr auch zuvor gesagt, aber was ich nicht wusste war wie wichtig es ist, die Kekse tatsächlich auch zu essen! Oder zumindest zu öffnen! Dann meinte ich: Also hätten wir die Kekse essen sollen? Sie meinte: Du musst selbst wissen, was richtig gewesen wäre! Naja, ich habe dann versucht die Kultur-Karte zu spielen und dass das in meiner Kultur kein Problem gewesen wäre (das denke ich zumindest, seitdem bin ich so unglaublich verwirrt, ob man das darf bei uns oder nicht). Daraufhin meinte sie, dass ich mich auch mal in andere Kulturen hineinversetzten soll. Aber wie soll das denn gehen? Entweder ich weiß, dass das in ihrer Kultur ein no-go ist, oder eben nicht. Das ganze Hineinversetzten hat in der Situation für mich überhaupt nicht funktioniert. Aber dadurch, dass sie das so gesagt hat, kam das bei mir so an, als ob sie mir auch noch vorwirft, dass ich das alles absichtlich gemacht hätte.
Sie meinte, sie hat einfach zu viel gemacht, und dass sie das in Zukunft nicht mehr machen wird.
Dann meinte sie, dass sie einfach nichts hätte sagen können, aber dann können wir keine wirklich guten Freunde werden und dass ich eigentlich nett bin.
Puh, das kann ich ja gar nicht. Erst die volle Feudel kriegen und dann alles vergessen, wie als wäre nichts gewesen oder was. Mittlerweile stand ich da in Tränen, weil ich mich für die absurdesten Dinge rechtfertigen musste (zum Beispiel, warum ich ihr einen Zettel zurück geschrieben hatte. Sie hatte mir doch erst einen Zettel geschrieben! Sie meinte: Weil ich nicht zuhause gewesen war. Ich meinte: Dann hättest du doch warten können, bis ich zu Hause war, ich würde den Zettel doch sowieso erst zuhause lesen. Hat sie nicht verstanden.) und ich gleichzeitig das Gefühl bekam, dass ich ein wirklich rücksichtsloser Mensch war, der sie absichtlich verletzt hatte. (Fußnote: Ist aber recht komisch, eine komplett ernste Diskussion zu führen, bzw. Streit zu haben, während man andauernd "cookies" sagt. Da verliert das ganze eigentlich an Ernsthaftigkeit, möchte man meinen, war aber nicht der Fall.) Zusätzlich wollte sie, dass ich mich in ihre Sicht und Kultur reinfühle, während sie mir ja aber keinen Schritt entgegen kommt! Ich kann verstehen, wenn sie das verletzt hat, dass sie mit mir dann darüber reden möchte, das ist ja gut, aber meine Sichtweise hat sie kein bisschen verstanden und ich sollte ihre Sichtweise komplett verstehen.
Ich beim Tanzen, aufgefordert von Mann zu meiner Linken
Am Ende meinte sie, alles abgehakt, Geschichte. Aber ernsthaft? Erst platt machen wie Flunder und dann alles abgehakt? Natürlich hat das einen Einfluss darauf, wie ich mit ihr in Zukunft umgehe. Bereits am nächsten Tag hat sie getan, als hätten wir nie ein Gespräch gehabt, aber ich bin seitdem um einiges vorsichtiger (heute, 3 Wochen später immer noch) mit dem was ich sage oder was ich tue. Außerdem bin ich ungern mit ihr allein, weil ich dann auch nicht mehr recht weiß, was richtig ist und was falsch und ich erzähle ihr Dinge, die mich bedrücken nicht mehr. (Exkurs: Ganz witzig: Ab und zu hat Yui mich gefragt: "Geht es dir gut? Wirklich? Ganz sicher? Du siehst wirklich, wirklich nicht gut aus!" Dabei war ich höchstens gestresst. Das fand ich nicht besonders toll, ist irgendwie nichts, was man bei uns so penetrant macht. Kulturdifferenz, ne?)
Über eine Woche später hat sie mir eine Cola mitgebracht, das war nett. Sofort habe ich die Cola getrunken und mich bedankt und bedankt.

Jap, so war das. Und das Auto und der Streit mit Yui und viel Stress mit Arbeiten und Klausuren waren dann die Hauptpunkte eines Zeitraums, der wirklich nicht so schön war und wo ich das, was ich in Deutschland zurück gelassen habe, besonders stark vermisst habe.

Am Samstag (nur ein paar Stunden nach dem Streit mit Yui) sind Snow, Lena, Xin Rong, Yui und ich zum Lesedi Cultural Village gefahren. Das ist ein Kulturdorf für Touristen. Wir wurden bereits mit kulturellen Gesängen begrüßt und haben dann erst einmal einen 15-minütigen Film über die Geschichte Südafrikas gekuckt. Danach haben wir uns exemplarische Nachbauten von Dörfern von 5 verschiedenen Kulturen Südafrikas (insgesamt gibt es 9 Hauptkulturen) angeschaut. Wir durften selbstgemachtes Bier probieren (hab ich aber nicht), ein selbstgemachtes Hafer-ähnliches Getränk (hab ich) und frittierte/ rohe (riesige) Käfer (hab ich nicht). So haben wir einiges über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kulturen gelernt. Zum Beispiel, dass die Zulu eher ein kriegerischer Stamm sind und die Ndebele berühmt für ihre Kunst und die sehr bunten Häuser. Aber in allen Kulturen zahlt der Mann für die Frau eine Mitgift, bestehend aus Kühen (die Anzahl unterscheidet sich aber wiederum von Stamm zu Stamm). Und dann mussten wir Worte laut rufen um Einlass in manche der Dörfer zu bekommen, und dann haben sie laut geantwortet. Ganz cool. Lohnt sich auf jeden Fall, ein Besuch, macht einiges deutlicher.
Danach haben sie noch viele verschiedene Ausschnitte aus unterschiedlichen kulturellen Tänzen vorgeführt. Gumboot Dancing war auch dabei! (Erinnert mich daran, wenn ihr mal meinen "Trainer" sehen wollt, dann folgt mal diesem Link: http://www.youtube.com/watch?v=poxeApDNlGw  Er ist der mit blonden Haaren ganz rechts. Außerdem machen wir diese Schritte auch, zumindest die einfachen davon. Damit ihr mal einen Eindruck bekommt :) )
Krokodil (links) und Hühnchen (rechts) - glaub ich
Danach gab es noch ein Essen bestehend aus kulturellen Speisen. Einiges, was ich schon kannte (wie Pap), aber manches auch noch nicht! Zum Beispiel Cooked Sisters. Das sind einfach zwei Stangen ineinander gerollt, aus Zucker und dann frittiert. Oder Krokodil. Hab ich probiert! Schmeckt irgendwie nach Fisch, aber irgendwie auch nicht. Die anderen meinen wie Fisch nur fester in der Konsistenz, aber bei mir war nix fest. Vielleicht hatte ich einfach ein sehr lappschiges Stück. Lecker jetzt nicht so, aber ok. Und natürlich gab es Strauß, aber kannte ich auch schon. War aber sehr lecker, besonders das Schokoladenmousse. hihi.

Danach sind wir wieder zurück gefahren (übrigens mit einem Mietwagen). Ich sollte uns zurück geleiten, und habe uns etwas verfahren. So sind wir durch Fourways gekommen, eine wirklich schöne Stadt! Und wir sind am Monti Casino in Johannesburg vorbeigefahren, wo Xin Rong uns schon immer mal hinbringen wollte. Hat alles auch sein gutes. Und schlussendlich haben wir's gefunden.

Tja, so war das und so ist das manchmal, ne?

Viele liebe Grüße,
Eure Nadine

PS: Ich war (relativ spontan, hatte nur eine Probe) Teil eines Flashmobs an der Uni! Wenn ihr sehen wollt, wie ich rumdüse, dann folgt diesem Link: http://www.youtube.com/watch?v=j-nRUccjC10  Ich schieße irgendwann aus der rechten Ecke hervor mit weißem Oberteil, Hände wild auf Hüfthöhe fuchtelnd. Dann schaffe ich es irgendwann mich in der Menge zu verstecken ;) . War aber echt toll, dabei gewesen zu sein, und der tatsächlich Kern der Mannschaft hat eine Menge Arbeit investiert, denke ich.

3 Kommentare:

  1. Ich hab mir beide Videos angeschaut. Das Gum Boot Dancing ist echt merkwürdig :) Und hatte der Flashmob ne Aussage bzw nen Grund? Dich erkennt man aber nur wenn mans weiß ;) Aber sehr cool.
    Durch deinen Konflikt mit Yui bin ich auch nicht ganz durchgestiegen. Ich wär auch sehr verwirrt gewesen und find (aus deutscher Sicht) auch nicht dass du was falsch gemacht hast ...
    Aber spannend, da lernt man doch was fürs Leben :) LG Saskia

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  2. Hey Saskia,
    danke für deine lieben Kommentare. Soweit ich weiß hatte der Flashmob keinen Grund, nur so zum Spaß. Aber vielleicht hatte er auch einen Grund, den ich nicht weiß, ich weiß nicht :)

    Viele liebe Grüße und ich freue mich auch jetzt schon auf den nächsten Starbucks Tag!
    Nadine

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  3. Liebe Nadine,
    das mit den Kulturdörfern klingt ja toll. Können wir ja vielleicht auch machen, wenn ich da bin.
    Das mit dem Rufen erinnert mich an die Maori. Da ist das doch auch so, wenn Besuch gekommt, nicht wahr?
    Über die "Keks-Geschichte" habe wir uns ja schon ausführlich ausgetauscht.

    Ich hab' Dich ganz doll lieb und freue mich schon, Dich bald wiederzusehen.

    Deine Mama

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